Zuchtberatung

Weißes Medaillon

von Raymonde Harland

erschienen in "katzen extra"1/98

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Frage:

Ich habe eine kleine Maine Coon Zucht mit nur einer potenten blue-torbie Katze. Für diese Katze suchte ich einen non-Agouti Kater, da ich sehen wollte, ob sie auch non-Agouti trägt. Es wurde ein schöner black-smoke Kater gefunden. Drei Kitten wurden geboren. Ein Mädchen in blau und zwei Kater in creme-tabby und black-tabby. Nach ein paar Tagen zeigte das Mädchen einen weißen Kehlfleck. Ich war ratlos, denn weder meine Katze, noch der Kater haben eine Farbe mit weiß. Meine Katze wurde schon von sieben Richtern auf Ausstellungen begutachtet, sie trägt den Titel Int. Champion, und noch nie wurde ihre Farbe anders beurteilt, als wie sie im Stammbaum steht.

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Kann es sein, daß die Katze rezessive Gene trägt, die ein solches Medaillon verursachen? Ich könnte sie natürlich als blue-torbie mit weiß eintragen lassen, denn am Bauch sind einige weiße Haare zu finden. Auf Ausstellungen könnte ich so natürlich keinen Titel mehr erringen. Ich möchte die Katze ungern aus der Zucht nehmen, denn sie bekommt mühelos ihre gesunden, typvollen Kinder und zieht sie instinktsicher auf.

Auch bei dem creme-tabby Kater gab es bei der Wurfabnahme Probleme. Ich bin der Meinung er ist Agouti, doch unserer Zuchtwart ist der Überzeugung, er sei non-Agouti. Bitte nennen Sie mir sichere Merkmale für Agouti.

Antwort:

Am Anfang der Rassekatzenzucht gab es kaum ein reinschwarzes Tier, fast alle hatten einen kleinen weißen Kehlfleck. Dies erklärt sich aus der Verfolgung schwarzer Katzen im Mittelalter. Ein kleiner weißer Fleck, ein Medaillon, rettete damals dem Tier das Leben. Die reinschwarzen Katzen wurden fast völlig ausgerottet. Dieser weiße Kehlfleck findet sich auch heute noch bei fast allen schwarzen Hauskatzen und bei den Rassen, die bis vor kurzem noch als Hauskatzen ihren Dienst als Mäusefänger taten, z.B. der Maine Coon.

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Die genaue Vererbung dieses Kehlflecks ist unklar, es ist nicht sicher, ob eigene Gene dafür verantwortlich sind, oder ob es das Scheckungsweiß ist. Schon das Scheckungsgen S (engl. piebald white spotting) zeigt sich in ganz unterschiedlicher Ausprägung vom kleinen weißen Fleck bis zur Van-Zeichnung, besonders bei Tieren, die mischerbig für das Scheckungsweiß sind. Aus dem beigelegtem Stammbaum kann ich ersehen, daß bei Ihrer Katze mütterlicherseits mehrere Tiere vorkommen, die mischerbig für Scheckungsweiß sind, einschließlich der Mutter ihrer Kätzin. Es kann also sehr gut sein, daß die weißen Haare am Bauch ihrer Katze vom Scheckungsgen stammen. Wie hoch der Weißanteil in der nächsten Generation wird, kann man bei diesem unberechenbaren und nur wenig erforschtem Gen nicht voraussagen, da Scheckung nur unvollständig über den Wildtyp dominiert. Ausmaß und Position des Weißanteils werden durch Modifikatoren bestimmt. Der Genetiker Dreux stellte auch die These auf, daß es sich hierbei um springende Gene handelt.

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Obwohl der Standard (FIFE) für Maine Coon sagt, daß jeder Anteil von weiß erlaubt ist, ist mir die gängige Praxis bekannt, nach der Richter Tiere mit 1/3 weiß bevorzugen. So lange der Standard nicht geändert ist und die Maine Coon nicht auf Farbe gezüchtet wird, sollten Sie sich auf die Formulierung: "jeder Weißanteil ist erlaubt"und "Der Typ muß immer gegenüber der Farbe bevorzugt werden" berufen. Bedenken Sie bitte außerdem, daß nicht jede gute Zuchtkatze eine ideale Austellungskatze ist und umgekehrt. Ein Tier, daß sich als Zuchtkatze bewährt hat, nur wegen einem zu kleinen Weißanteil aus der Zucht zu nehmen, ist bei einer Rasse, die nicht auf Farbe gezüchtet wird, meiner Ansicht nach unsinnig. In einigen Verbänden wird dies anders gesehen, hier wird schon jetzt auf eine Aussonderung der Tiere mit weißen Medaillon gedrängt, damit bei der Stammbaumausstellung nicht immer wieder das von Ihnen geschilderte Problem auftritt.

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Nach dem Foto kann ich nicht sicher sagen, daß ihr kleiner Kater creme-tabby ist. Anzeichen für Agouti sind: zeigen des Tabbymusters, in der Farbe dunkel umrandeter roter Nasenspiegel, M auf der Stirn, Daumenabdruck (Wildfleck) am Ohr, helles Kinn, helle Brille und Sohlenstreifen. Bei roten und besonders bei creme Katzen ist dies sehr schwierig zu erkennen, da auch non-Agouti Tiere einige dieser Anzeichen zeigen. Eine zeichnungsfreie non-Agouti rote oder creme Katze zu züchten, ist sogar eine große züchterische Herausforderung.