Rasseportrait

Neva Masquerade

Von Raymonde Harland erschienen in "katzen extra" 10/00

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Katzen mit blauen Augen waren für die Menschen schon immer etwas besonderes und Waldkatzenrassen sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Maine Coon und Norweger drängeln sich auf vielen Ausstellungen, so dass einige Vereine dazu übergegangen sind,  eine eigene Best-in-Show für sie abzuhalten, getrennt von den anderen Semi-Langhaar-Rassen. Jetzt kommt seit einigen Jahren noch eine dritte Rasse hinzu: die Sibirische Katze/Neva Masquerade, eine "Waldkatze" mit blauen Augen, die beide Aspekte vereint. „Ist da überhaupt noch Platz zwischen Maine Coon und Norwegern oder zwischen Ragdoll und Birma?“ fragen sich viele Züchter. Skeptisch und mit besonderem Mißtrauen betrachten sie diese Rasse, weil es sie als einzige sogenannte "Naturrasse" auch mit Maske gibt, die „Neva Masquerade“ . Bei Katzenliebhabern erfreut sich diese Novität allerdings immer größerer Beliebtheit.Vergleicht man die Sibirische Katze, die Maine Coon und Norwegische Waldkatze miteinander, so haben sie auf den ersten Blick wirklich viel gemeinsam, aber es gibt auch deutliche Unterschiede. Beim Vergleich zwischen den blauäugigen Neva Masquerade, Birma und Ragdoll fallen die Unterschiede noch deutlicher ins Auge.
 

 

Herkunft

Die Ukraine ist eine klimatisch recht unwirtliche Gegend in Rußland. Hier waren Semi-Langhaar-Katzen als Hauskatzen schon lange bekannt. Ähnlich wie die Maine Coon auf den Farmen, waren diese russischen Katzen als beherzte Mäusefänger bei den Bauern beliebt. Mit ihrem Fell, im Winter länger – im Sommer kürzer, waren sie dem Klima der Ukraine angepaßt. „Sibirskaja Koschka“ nannte man diese Katzen, lange bevor jemand auf die Idee kam, sie zu züchten. „Sibirische Katzen“ wurden sie 1895 erstmals genannt, als ein blau-graues Pärchen nach Deutschland kam. Sie wurden im Dresdner Zoo gezeigt. In Brehms Tierleben (Ausgabe 1925) wurden eine rote Tokbolsker-Katze aus Sibirien und eine Kaukasisch-Kumanische Katze beschrieben, die von Mönchen gezüchtet wurden. Diese Katzen sahen ebenfalls wie Sibirische Katzen aus. Die Neva Masquerade ist zweifellos eine Sibirische Katze von der sie sich lediglich durch die Fell- und Augenfarbe unterscheidet. Bewirkt wird dies durch den sogenannten Maskenfaktor, ein rezessives Gen welches die Farbpigmente temperaturempfindlich macht. Die Färbung ist deshalb nur in den kalten Körperregionen zu sehen, also an den Ohren, der Nase, den Pfoten und dem Schwanz, bei Katern auch an den Hoden. Die Augen sind immer blau. Wie das Maskengen in diese "Naturrasse" kam, ist ungeklärt. Es könnte durch entlaufene Siamkatzen passiert sein, die sich nach den Revolutions- bzw. Kriegswirren mit Sibirischen Katzen paarten. Die bewusste Einkreuzung von Ragdoll bzw. Birmakatzen ist unwahrscheinlich, da diese Rassen vor 1989 in der damaligen UdSSR unbekannt waren.

 

Aussehen

Auf den ersten Blick liegt diese Rasse typmäßig zwischen der Maine Coon und der Norwegischen Waldkatze. Sie wird in fast allen Merkmalen auch im Standard als „mittel“ beschrieben. Es soll an dieser Katze nichts typmäßig übertriebenes geben.  

Die Größe wird mit mittelgroß bis groß angegeben, wie bei den verwandten Rassen, sind die Kater größer und kräftiger. Eine Kätzin sollte aber auch gut bemuskelt, und nicht zu zierlich sein. Das Gewicht der Kater liegt bei 5-7,5 kg, das der Mädchen bei 3,5-5,5 größere Tieren sollen bevorzugt in der Zucht eingesetzt werden. 

Das halblange Fell ist außer an Halskrause, Schwanz und Hosen, gleich lang. Das Deckhaar ist dick und fest, die Unterwolle im Winter dicht und üppig .Es sollte nicht filzen. Alle Farben sind in den meisten Verbänden erlaubt, jeder Weißanteil ist erlaubt in möglichst harmonischer Verteilung. Die Fellfarben in den kälteren Körperregionen (Maske) sind u. a. : seal (schwarz/braun), blue (blau), red (rot), cream (creme), black-tortie (schwarz/rot = schildpatt), blue-tortie (blau-creme),  mit und ohne Tabbymuster, mit und ohne weiß. Die Fellfarbe in den warmen Körperregionen ist elfenbein bis beige, bei älteren Tieren ist das Fell auch am Körper dunkler, bei Tieren mit Weißanteil können auch am Körper weiße Flecken zu sehen sein. Katzen mit silbernen Haaranteilen sind noch extrem selten.

 

© www.kio-fotos.de

Die Beine sind mittellang und kräftig mit runden Pfoten, so genannte Schneeschuhe (Büschel zwischen den Zehen) sind Pflicht (leider nicht bei allen Verbänden)  Die Beine sollen in den Proportionen gut zum Körper passen, ebenfalls der Kopf, der eine mittlere Keilform aufweist. Die Schnauze ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu den verwandten Rassen, sie soll rund sein, bei der Maine Coon soll sie kantig sein, die Schnauze der Norwegischen Waldkatze ist spitzer. Tragen die verwandten Rassen große Ohren, so genügen der Sibirischen Katze mittelgroße an der Spitze abgerundete Ohren, die tiefer und weiter gesetzt sind. Die Augen sind eher rund als oval, gerade und weit gestellt. Alle Neva Masquerade haben blaue Augen, je dunkler desto besser. Einen Stop auf der Nase soll sie nicht haben, aber ein deutlicher Übergang von der leicht gewölbten Stirn zur Nase muss da sein, im Gegensatz zur Norwegischen Waldkatze deren Profil gerade sein sollte. Der Gesamteindruck des Kopfes sollte weich und rundlich sein, also deutlich anders, als bei den anderen so genannten Waldkatzenrassen. Von mittlerer Länge sollte auch der am Ansatz breite Schwanz sein, der nicht zu spitz zulaufen soll.

Pflege der Neva Masquerade 

Das dichte wasserabweisende Fell hat nur im Winter eine dichte Unterwolle. Die Katze pflegt das Fell weitgehend selbst, aber im Fellwechsel sollte der Mensch doch mithelfen. Die dichte Unterwolle schützt vor tiefen Minusgraden und filzt gewöhnlich nicht. Wenn die Katze von klein auf ans Kämmen gewöhnt wird, ist die ganze Angelegenheit ein Spiel mit zusätzlichen Streicheleinheiten. Den Winterkragen und den auch im Sommer gut behaarten Schwanz sollte man allerdings nur mit besonderer Vorsicht kämmen, denn ausgerissene Haare brauchen bis zu drei Jahren um wieder in imponierender Länge nachzuwachsen.

 

Yukon + Inuit the Fabulous, Siberiancat, seal-tabby-point/white

Vergleich zu ähnlichen Rassen 

Zu Beginn der Neva Masquerade Zucht in Deutschland gab es Versuche an die Ähnlichkeit zu anderen Rassen anzuknüpfen. So gab es Bestrebungen sie „Sibirische Waldkatze“ zu nennen oder „Russische Ragdoll“. Zum Glück setzten sich diese Bezeichnungen nicht durch. Die Rasse hat es gewiss nicht nötig, sich mit fremden Federn zu schmücken. Heute dokumentiert sich ihre Einzigartigkeit auch im Namen, der eine direkte Übersetzung des Namens im Ursprungsland ist. 

Auch der Laie kann an einigen wichtigen Merkmalen die Neva Masquerade von den ähnlichen Rassen unterscheiden. Schon der Gesamteindruck soll rundlich und kräftig sein, der Gesamteindruck einer Maine Coon ist kantig, rechteckig und großrahmig, der Gesamteindruck einer Norwegischen Waldkatze ist eleganter und dreieckig. Die Ragdoll ist in der Regel größer und weniger muskulös, als die Neva Masquerade, die Birma ist hingegen kleiner, plüschiger und puppiger. Auch im Fell gibt es Unterschiede. Eine Maine Coon oder Norwegische Waldkatze gibt es nicht mit dem Teilalbinismus der Maskenzeichnung und den blauen Augen, bei der Birma und der Ragdoll ist der Weißanteil und die Plazierung des Weiß genau vorgeschrieben. Auch die Fellqualität ist unterschiedlich. Das Fell der Maine Coon wird am ganzen Körper seidiger aber mit Stand bei grobem glatten Deckhaar erwartet, die Norwegische Waldkatze hat ein öligeres Fell, das Fell der Birma und der Ragdoll ist viel feiner als das der Neva Masquerade deren Fell an den Seiten feiner als am festen Rücken sein soll. Leider gibt es gerade bei der Fellqualität unterschiedliche Standards der Weltverbände.

 

Charakter

Fast alle Rassekatzen werden als menschenbezogen und fast alle Semilanglanghaarkatzen von mittlerem Temperament unkompliziert und liebenswert beschrieben. Man muß mit ihnen leben um die zweifellos bestehenden Unterschiede zu erfassen. 

Die Neva Masquerade ist eine temperamentvollere Katze, als die vergleichbaren "Naturrassen." Dabei ist sie stets liebenswürdig, gut gelaunt und nie aggressiv. Mit anderen Tieren und Kindern im Haushalt kommt sie bestens zurecht. Sie ist eine echte soziale Familienkatze. Ihr Spieltrieb ist bis ins hohe Alter sehr ausgeprägt, dabei zeigt sie Intelligenz und Einfallsreichtum, sogar vor Wasserspielen macht sie nicht halt. 

Die Stimme der Neva Masquerade unterscheidet sich von den durchdringenden Stimmen der anderen Point-Rassen. Sie ist leise, plaudernd und selbst in der Rolligkeit nicht zu laut. 

 

Viele Neva Masquerade haben noch keinen vollständigen Stammbaum und das merkt man auch ihrem Charakter an. Es würde ihnen nie einfallen etwas Freßbares zu verschmähen, egal ob es sich um eine Maus, ein Stück Brot oder ein Premium-Futter handelt. Manche Züchter bezeichnen ihre Neva Masquerade scherzhaft als Bio-Tonne. 

Ein Mensch im Haushalt wird als Lieblings-Mensch erkoren und nach ihren Wünschen erzogen. Dabei schreckt sie auch nicht vor kleinen Liebes-Bissen zurück. Feinfühlig reagiert sie auf die Stimmungen ihres Menschen und spendet Trost bei Krankheit und Kummer. Besucher werden oft mit Schmuseanfällen traktiert, bis sie ihr endlich die ihr zustehende Beachtung schenken. Sie können da auch penetrant werden. In den wenigen Katzenbüchern, die diese Rasse beschreiben, wird sie oft als halbwild bezeichnet, dies stimmt heute auf keinen Fall mehr! „Verträglich, freundlich und ihrem Menschen bedingungslos zugetan“ trifft den Charakter dieser jungen Rasse genau. Kindern und kleineren Tieren gegenüber (außer Beutetieren natürlich) kann man sogar einen Hütetrieb, bzw. Beschützerinstinkt beobachten. 

Die Neva Masquerade ist instinktsicher in der Aufzucht ihrer Jungen. Viele Katzenmütter bringen ihren Kindern sogar Mäuse und wenn es nur Spielzeugmäuse sind.

 

Zucht

In der ehemaligen UdSSR begann die planmäßige Zucht ca. 1978, (hier ist ein Link zur weiteren Geschichte: www.siberiancats.narod.ru/HTML/German/breeding2.html )von Anfang an war auch die „Newskaja Maskaradnaja“ wie die Neva Masquerade in Rußland nach dem Fluß Neva heißt, dabei. 1983 wurden die ersten Sibirischen Katzen nach einem vorläufigen Standard in der DDR gezüchtet. 1987 kam mit einer russischen Auswanderer-Familie ein Zuchtpaar Sibirischer Katzen in die BRD.  Etwa zur selben Zeit wurden auch einige Exemplare aus der DDR und der CSSR importiert. Drei Jahre später folgte die erste Neva Masquerade. Die Sibirische Katze ist schon kurze Zeit später von fast allen Vereinen anerkannt worden, die Colourpoint-Variante „Neva Masquerade“ hat es noch nicht überall geschafft. (siehe Tabelle). Die unterschiedlichen Bezeichnungen und Ausstellungsregeln machen es der Rasse auch nicht gerade leicht Fuß zu fassen. In einigen Vereinen wird sie als eigenständige Rasse mit eigenem Standard unter der Bezeichnung „Neva Masquerade“ geführt, in anderen Vereinen wird sie als Farbschlag der Sibirischen Katze im Stammbaum eingetragen. Die Verpaarung von Sibirischen Katzen und Neva Masquerade ist überall erlaubt und zur Erhaltung einer breiten genetischen Basis auch äußerst wichtig. 

 

Die Würfe der Neva Masquerade sind im Durchschnitt größer, als bei anderen Rassen, aber selten größer als sieben Kitten. Es gibt fast nie Komplikationen, schon Erstgebärende wissen genau, was sie zu tun haben. Die Kitten sind früh selbständig; oft wird schon mit zweieinhalb Wochen die Wurfkiste zu ersten Ausflügen verlassen und Schabefleisch probiert. 

Noch immer gibt es weltweit nur wenig Züchter, die sich um den Erhalt der Neva Masquerade kümmern. Durch die kleine Anzahl Tiere und die großen Entfernungen zwischen den Züchtern, haben sich in der jüngsten Zeit einige Probleme ergeben. „Zu zierlich, zu spitz, zu kurz, zu plüschig“ sind in den letzten Jahren einige Linien geworden, so klagt Betti Schultz, die erste Züchterin von Neva Masquerade in Deutschland. Mit ganz ähnlichen Problemen hatten die Maine Coon Züchter vor zwei Jahrzehnten zu kämpfen. Durch den Einsatz engagierter Züchter, die Aufklärung der Ausstellungsrichter und die Neuformulierung des Standards konnte diese Rasse sich wieder im ursprünglichen Look zeigen, der sich inzwischen bei so gut wie allen Züchtern weltweit durchgesetzt hat.

 

Die Züchter der Neva Masquerade wären gut beraten diesem Beispiel zu folgen. Ein Vergleich der Standards bei den großen Weltverbänden zeigt, dass hier noch viel Arbeit nötig ist, um einen guten ursprünglichen Typ festzulegen. Heute unterscheiden sich die Standards z.T. erheblich. Wo z.B. der eine Standard ein plüschiges Fell fordert, will der andere Standard ein festes Fell sehen oder sogar ein gelacktes und geöltes. Der eine Weltverband fordert hinten höhere Beine, der andere sieht dies als schweren Fehler an. Die meisten Züchter in Deutschland richten sich nach dem WCF-Standard, der Verband in dem die Neva Masquerade als erstes anerkannt wurde.  

 

Anschaffung und Haltung 

Wer sich ein Tier dieser unverbrauchten Rasse zulegen möchte, sollte Zeit und Mühe nicht scheuen. Gute Katzen sind auch nicht zu Dumpingpreisen zu haben. Züchter-Adressen erhalten sie bei den unten genannten Verbänden. Sehen Sie sich möglichst beide Elterntiere an und bestehen Sie auf einem Stammbaum und möglichst auch auf einem Gesundheitszeugnis. Seriöse Züchter bieten Ihnen Beides. Sie erhalten dort auch unverbindlich eine gute Beratung und werden nicht zum unüberlegtem Kauf gedrängt. 

Die Neva Masquerade ist in der Haltung unkompliziert. Da es sehr soziale Katzen sind, ist ein vierbeiniger Spielgefährte ideal, besonders bei berufstätigen Haltern. Einen eingezäunten Garten oder vernetzten Balkon nimmt sie gerne an, ist aber auch gut in der Wohnung zu halten, wenn sie einen Kratz- und Kletterbaum zur Verfügung hat. Die Futteransprüche unterscheiden sich nicht von denen anderer Katzen. Gute Haltung dankt sie ihren Menschen mit lebenslanger Anhänglichkeit, Freude und Gesundheit. 

 

Adressen:

WCF

Geschäftsstelle

Tel.: 0201-555 724

www.wcf-online.de

FIFè

1.        DEKZV

Tel: 06441-84 79

www.dekzv.de

 

CFA

Cat Fanciers’ Association. P. O.

Tel . : 001-818-782 60 80

www.cfainc.org

TICA

German American Cat Club e. V.

Tel.: 0251-928 40 77

www.ticacats.de